MdEP Gyöngyösi: Das Ende der deutschen Ostpolitik
Die Gedanken des Abgeordneten Márton Gyöngyösi (fraktionslos) via Pressemitteilung:
In den nächsten Tagen wird mit der Verlegung von Leopard-Panzern in die Ukraine eine fünfzigjährige Ära in der deutschen Außenpolitik zu Ende gehen. Einst von Bundeskanzler Willy Brandt als (damals west-)deutsche Ostpolitik ins Leben gerufen, scheint die Ostpolitik nach einem halben Jahrhundert gescheitert zu sein, und ihr Ende war auch nicht schön.
Die Idee, die Beziehungen Westdeutschlands zum sozialistischen Block zu verbessern, war damals unter den Prämissen des Kalten Krieges ein völlig neuer Ansatz, aber auch ganz logisch: Es war tatsächlich die Osterweiterung dessen, was Bonn bereits war seit Jahren im Westen unterwegs. Die Aufgabe klassischer Macht- und Territorialansprüche und deren Umwandlung in wirtschaftlichen Einfluss machte Deutschlands westliche Hälfte trotz aller Zerstörungen im 2. Weltkrieg zu einer tragenden Säule des euro-atlantischen Blocks. Die von den Sozialdemokraten vorangetriebene Aussöhnung mit dem Osten hatte aller Wahrscheinlichkeit nach ideologische Beweggründe, aber der Schritt brachte auch einige pragmatische Vorteile.
Deutschland tauchte in Ostmitteleuropa wieder auf, genau in dem Gebiet, in dem es immer als dominierende Macht galt.
Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus schien die Ostpolitik ihren Höhepunkt nicht nur gegenüber den EU-gebundenen mitteleuropäischen Ländern, sondern auch gegenüber Moskau erreicht zu haben. Deutschland hat diese Linie konsequent verfolgt, auch wenn seine guten Beziehungen zur russischen Führung von anderen westlichen Ländern oft verpönt waren.
Nach Anerkennung all seiner Errungenschaften müssen wir jedoch jetzt feststellen, dass die deutsche politische Agenda, die darauf abzielte, ausgewogene Beziehungen zu Russland aufrechtzuerhalten und die Ressourcen Russlands zur Deckung des Energiebedarfs der deutschen Industrie zu nutzen, gescheitert ist.
So sehr Deutschland sich auch um einen rationalen und geschäftsorientierten Ansatz bemühte, Russlands Großmachtträume und seine imperialistische Ideologie überschwemmten auch die Wirtschaftsbeziehungen der beiden Länder. Berlin hat also keine andere Wahl, als zwei Dinge zu erkennen (und das muss für eine Soc-Dem-Regierung besonders schmerzhaft sein): 1) Sie können Russland nicht mit übermäßiger Nachsicht behandeln und 2) Sie können werteorientierte Diplomatie nicht immer durch diese ersetzen ein rein geschäftlicher oder rein rationaler Ansatz.
Deutschland wird, wenn auch langsam, irgendwann die Schlussfolgerung ziehen und hat in diesem Konflikt bereits klar zur Ukraine und zum Westen gestanden. Die größte Frage ist, welche Bezugspunkte die deutsche Außenpolitik in Zukunft setzen wird: Wird das Land mit dem selbst auferlegten Paradigma brechen, seine volle Kraft in die Wirtschaft zu stecken und sich politisch und militärisch zurückzuhalten? Natürlich stellt sich noch eine andere Frage: Wie viele unangenehme Überraschungen braucht es noch, bis Deutschland endlich umsteigt?
Haftungsausschluss: Die alleinige Haftung für die geäußerten Meinungen liegt bei dem/den Autor(en). Diese Meinungen spiegeln nicht unbedingt die offizielle Position des Europäischen Parlaments wider.
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