Deklassierter Bericht: Hat Ungarn chemische Waffen an den Irak geliefert?

Ein neu ausgegrabener streng geheimer Bericht aus den Archiven enthüllt, dass Ungarn in den 1980er Jahren beabsichtigte, chemische Waffen in den Irak und nach Libyen zu exportieren. Der Plan löste ernsthafte diplomatische Spannungen mit den Vereinigten Staaten aus, nachdem die CIA Informationen erhalten hatte, die darauf hindeuteten, dass in Ungarn hergestellte chemische Kampfstoffe sogar irakischen Beamten präsentiert worden waren.
Amerikanische Bedenken
Wie von Blikk berichtet, sprach das US-Außenministerium im Sommer 1985 eine strenge Warnung an Ungarn aus. Aus dem freigegebenen Dokument geht hervor, dass die Vereinigten Staaten die Versuche Ungarns, chemische Waffen an den Irak und Libyen zu verkaufen, entschieden ablehnten. Die US-Regierung erwartete sofortige Maßnahmen von Budapest, um die geplanten Geschäfte zu stoppen.
Während der diplomatischen Gespräche brachte Palmer, Leiter einer US-Abteilung für auswärtige Angelegenheiten, das Thema wiederholt zur Sprache und betonte, dass Washington nach wie vor zutiefst besorgt über diese Angelegenheit sei. In dem Bericht heißt es:
“Unsere Botschaft in Washington berichtete dem ungarischen Ministerium, dass Palmer am 16. Juli 1985 während eines Gesprächs, das verschiedene Themen umfasste, auf dieses Thema zurückkam. Er wies darauf hin, dass er sich nach der Antwort unseres Botschafters vom 7. Juni – in der er die Behauptung zurückwies und konkrete Beweise verlangte – erneut mit den zuständigen Behörden beraten habe. Daraus ging hervor, dass die US-Regierung weiterhin ernsthaft über den geplanten ungarischen Export von Chemiewaffen in den Irak und nach Libyen besorgt war. Sie hofften, dass ihr Protest dazu führen würde, dass der geplante Export abgesagt wird.”
Ungarn wies die Anschuldigungen zurück
Den Dokumenten zufolge wiesen ungarische Beamte die Anschuldigungen der USA zurück und verlangten konkrete Beweise. Palmer antwortete daraufhin, dass die fraglichen Chemiewaffen in der Tat in einem Gebiet in der Nähe des Irak demonstriert worden seien, und zwar in offizieller Anwesenheit irakischer Vertreter.
Obwohl die Dokumente nicht bestätigen, ob tatsächlich eine Lieferung stattgefunden hat, schienen die ungarischen Behörden diese Möglichkeit nicht auszuschließen. Die Namen und Mengen der chemischen Substanzen bleiben ungenannt.
Angesichts des iranisch-irakischen Krieges und des Völkermordes an den Kurden hätte die Lieferung von in Ungarn hergestellten chemischen Stoffen auf das Schlachtfeld jedoch verheerende Folgen haben können.
Inländische Produktion vor dem Regimewechsel
Oberst a.D. József Kis-Benedek erklärte, dass Ungarn vor dem Fall des Kommunismus über ein verdecktes, aber gut organisiertes Programm zur Herstellung chemischer Waffen verfügte. Die Herstellung fand Berichten zufolge in einer nitrochemischen Anlage in der Nähe des Plattensees statt, in einem streng abgeschirmten Bereich der Anlage.
Ungarn unterhielt zu dieser Zeit bedeutende Militärexporte sowohl in den Irak als auch nach Libyen, die auch chemische Substanzen umfassten. Die Lieferungen erfolgten in verschiedenen Formen, von Zylindern bis zu Fässern. Laut Kis-Benedek handelte es sich bei den Waffen höchstwahrscheinlich um die Nervenkampfstoffe Sarin und VX – Verbindungen, die zu dieser Zeit nur den staatlichen Diensten und hochrangigen politischen Kreisen bekannt waren.
Dies deutet darauf hin, dass Ungarn zu dieser Zeit ein diskreter, aber aktiver Akteur im globalen Waffenhandel gewesen sein könnte.
Während die Produktion und der potenzielle Export chemischer Waffen einst von militärischer Geheimhaltung umhüllt waren, wurden alle derartigen Aktivitäten inzwischen eingestellt. Nach dem Fall des Kommunismus trat Ungarn internationalen Verträgen zur Vernichtung von Chemiewaffen bei.
Laut Kis-Benedek sind etwaige Lagerbestände, falls es sie gab, inzwischen unter Aufsicht von Experten vernichtet worden. Die streng bewachten Lagerstätten, die geheimen Produktionsstätten und das offizielle Schweigen über das Programm sind nun Teil der Geschichte geworden.
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