War das Leben damals besser? Ein Blick auf die Wohnkosten für ungarische Arbeiter im 20. Jahrhundert

War das Leben in den alten Zeiten besser? Wir werfen einen genaueren Blick darauf, wie die Wohnkosten die ungarischen Arbeiter im letzten Jahrhundert belasteten.

Beengte Wohnverhältnisse um die Jahrhundertwende

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebten die ungarischen Arbeiter in beengten und überfüllten Verhältnissen. In Budapest war die häufigste Wohnform eine gemietete Einzimmerwohnung mit Küche, ohne Bad und mit einem gemeinsamen Brunnen im Hof. Die Monatsmieten lagen zwischen 15 und 30 Kronen: das entsprach dem Lohn von ein bis zwei Wochen für einen Arbeiter. Das bedeutete, dass etwa ein Drittel des Einkommens einer Familie nur für die Wohnung ausgegeben wurde und nur wenig für andere Notwendigkeiten übrig blieb.

Die übrigen drei Wochenlöhne mussten für Lebensmittel, Brennstoffe, Kleidung und die Ausgaben für die Kinder verwendet werden. Angesichts der damaligen Preise war dies für viele Familien fast unmöglich. Daher entschieden sich einige für eine Gemeinschaftsunterkunft oder mieteten für 8-10 Kronen im Monat ein Einzelbett im Haus eines anderen. In dieser Welt der so genannten “Bettflucht” (“ágyrajárás”) war es nicht ungewöhnlich, dass sich 11-17 Personen in einer einzigen Wohnung drängten.

  • Korona (1892-1927): 1 Korona = 100 Fillér (etwa 1.500-2.000 Forint nach heutigem Wert, oder 3,8-5 Euro)
  • Pengő (1927-1946): 1 Pengő = 100 Fillér (etwa 1.000-1.500 Forint in heutigem Geld, oder 2,5-3,8 Euro)

Um die wachsende Wohnungsnot in Budapest zu lindern, eröffnete die Stadt 1911 das großzügig gebaute Népszálló in der Dózsa György Straße. Mit 450 Zimmern bot es Hunderten von Menschen eine vorübergehende Unterkunft, darunter Arbeitern, einfachen Angestellten, Studenten und Bedürftigen. Die Unterkunft war erschwinglich: 1940 kostete eine Schlafkabine 45 Fillér und ein kleines Privatzimmer 60 Fillér, was heute nur ein paar hundert Forint entspricht. Die Einrichtung stellte eine zivilisiertere Version des Systems der “Bettflucht” dar.

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Die Budapester Népszálló wurde 1911 mit 450 Schlafkabinen für Unterkunftssuchende eröffnet. Foto: Wikimedia Commons

Das Leben auf dem Land: Einfacher, aber primitiver

Die Wohnverhältnisse in den Bergbaustädten und Industriegebieten waren etwas besser. In Tatabánya oder Ózd wohnten die Arbeiter in Werkswohnungen, deren Miete von 10-15 Kronen pro Monat automatisch vom Lohn abgezogen wurde. Es handelte sich um kleine 30-35 Quadratmeter große Wohnungen mit einer Küche und einer Speisekammer. Die Bäder wurden gemeinsam genutzt und befanden sich im Freien, und die Wände waren oft feucht. Gebadet wurde in der Regel in städtischen Badehäusern, wo man für ein paar Fillér eine Wanne mit heißem Wasser bekam. Trotzdem war dies eine Verbesserung gegenüber den überfüllten Mietskasernen in Budapest, wo es keine Privatsphäre gab.

Eine 25-pengő-Miete: Werkswohnungen für die Arbeiter der Lederfabrik

Im Jahr 1927 wurde die Krone durch den Pengő ersetzt, der zum neuen Standard für Löhne und Mieten wurde.

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Bescheidene Wohnungseinrichtung aus den 1930er Jahren. Bild: Fortepan / Ákos Lőrinczi

Zu dieser Zeit kostete eine einfache Arbeiterwohnung 15-25 pengő im Monat. Ein Bergarbeiter oder Fabrikarbeiter verdiente 70-90 Pengő, so dass auch hier die Wohnung etwa ein Drittel des Einkommens ausmachte. In Orten wie Újpest zahlten die Arbeiter in Lederfabriken 25-30 Pengő für eine Werkswohnung: ein Preis, der vielen zu hoch war. Um die Ausgaben in den Griff zu bekommen, zogen oft mehrere Familien zusammen. Die Einrichtung der Wohnung war eine weitere große Ausgabe: Ein komplettes Schlafzimmer-Set konnte mehrere Monatslöhne kosten, so dass viele auf Raten kauften oder gebraucht einkauften.

Die erste einheitliche Regelung für Arbeiterwohnungen

Nach dem Zweiten Weltkrieg unterhielten viele große Unternehmen eigene Wohnheime für ihre Mitarbeiter, aber es gab keine einheitlichen Vorschriften. Das änderte sich 1961 mit der Einführung des ersten landesweiten Dekrets über die Preisgestaltung für Arbeiterwohnheime. Das neue System legte fünf Kategorien fest: Bewohner in den besten Unterkünften zahlten 180 Forint pro Monat, während diejenigen in den einfachsten Unterkünften nur 15 Forint zahlten. Die billigeren Unterkünfte waren in der Regel überfüllt, während die teureren Unterkünfte weniger Mitbewohner, mehr Möbel und gediegenere Wohnräume boten.

In diesen Gebühren waren Strom, Heizung, Reinigung und regelmäßiger Wäschewechsel enthalten. In den meisten Fällen wurden die Kosten automatisch vom Lohn abgezogen, so dass die Arbeiter nicht aus eigener Tasche zahlen mussten.

Von Zimmer- und Kücheneinheiten bis hin zum “Bett-Walking”, von Werkswohnungen bis hin zu klassifizierten Schlafsälen: Die Formen mögen sich geändert haben, aber das Kernproblem ist geblieben: Die Unterkunft verschlang immer einen erheblichen Teil des Einkommens der Arbeiter. Und wie die heutigen Mietpreise zeigen, ist diese Last in den letzten hundert Jahren nicht geringer geworden.

Quelle: Arcanum
Gekennzeichnetes Bild: Wikimedia Commons / Fortepan / Szántó Zoltán

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