Von Budapest nach Lyon: Ungarn steht an der Wiege des Kinos im Rampenlicht

Auf dem renommierten Filmfestival Lumière in Lyon – der Geburtsstätte des Kinos – stand Ungarn im Mittelpunkt. Das internationale Publikum erlebte eine Geschichte, die man als kulturelle Wiedergeburt bezeichnen könnte: In nur wenigen Jahren hat sich Ungarns Filmerbe zu einem der erfolgreichsten Restaurierungs- und Konservierungsprogramme Europas entwickelt.
István Szabó im Rampenlicht
Im Jahr 2025 stand der Oscar-prämierte ungarische Regisseur István Szabó im Mittelpunkt des Filmfestivals Lumière in Lyon. Die Veranstaltung feierte sein bemerkenswertes Werk mit der Vorführung von drei restaurierten Filmen – Vater (1966), Mephisto (1981) und Julia sein (2004) – die alle in unverfälschter Qualität einem internationalen Publikum präsentiert wurden.

Neben den Filmvorführungen gab Szabó eine Meisterklasse, während das Nationale Filminstitut (NFI) an einem Fachprogramm mit dem Titel “Ein umgekehrtes Modell – Konkrete Maßnahmen zur Förderung des ungarischen Filmerbes” teilnahm. Die Diskussionsteilnehmer György Ráduly, Viktória Sovák Lelievre und Csaba Bereczki erläuterten die neuen Bewahrungs- und Vertriebsstrategien des NFI.
“Dies ist eine enorme Ehre und wieder einmal eine großartige Gelegenheit für das ungarische Filmerbe, breite internationale Aufmerksamkeit zu erhalten”,”
sagte György Ráduly, Direktor der Abteilung Filmkonservierung und Technologie der NFI.
Das neue System, das Ungarns Filmerbe gerettet hat
Als das Nationale Filminstitut 2017 das Nationale Filmarchiv übernahm, war die Lage düster.
“Zehn Jahre lang war nichts passiert und die Leute hatten die Motivation verloren”, erinnert sich György Ráduly.
Der Umschwung kam, als das Archiv, das Filmlabor und der Filmfonds zu einem einzigen, sich ergänzenden System zusammengelegt wurden.
“Heute ist es wie ein Zauberwürfel – jedes Teil passt da hin, wo es hingehört”, sagte Ráduly.
Die Zusammenarbeit ermöglicht die Restaurierung von etwa dreißig Spielfilmen pro Jahr, von Stummfilmklassikern bis zu Titeln nach 1989. Neben den technischen Kriterien berücksichtigt das Team auch die kulturelle Relevanz eines jeden Films und seine Resonanz beim heutigen Publikum.

Seit 2017 wurden mehr als 350 Filme restauriert und Hunderte weitere digitalisiert.
Viele sind auf Filmio, Ungarns nationaler Streaming-Plattform, sowie über einen Online-Bildungskatalog verfügbar.
“Unser Ziel ist es, ungarische Filme weltweit zugänglich zu machen und geografische Barrieren zu überwinden”, fügte Ráduly hinzu.
Wo die Klassiker wieder zum Leben erwachen
Unter der Leitung von Viktória Sovák Lelievre ist das Filmlabor das wahre Zentrum der ungarischen Filmrestaurierung. Hier wird alles gemacht: beschädigte Bilder repariert, Farben restauriert und Material digitalisiert, damit die Klassiker auf die Leinwand zurückkehren können.
“Wir haben das Glück, dass das Labor und das Archiv zur selben Institution gehören”, sagt Sovák.
“Das ermöglicht es uns, jeden Schritt gemeinsam zu planen und die bestmöglichen Elemente für jede Restaurierung auszuwählen.”
Ungarn verfügt zwar über ein nationales Filmarchiv, aber im Gegensatz zu Frankreich oder Österreich fehlt ihm noch immer eine eigene Cinémathèque. Um diese Lücke zu schließen, arbeitet die NFI mit Kinos und Schulen zusammen und organisiert jährlich etwa 3.000 Vorführungen, bei denen Studenten restaurierte Klassiker zu ermäßigten Preisen sehen können.
Eine kulturelle Erfolgsgeschichte
Im Laufe der Jahre hat sich das ungarische Filmerbe zu einer echten internationalen Erfolgsgeschichte entwickelt. Restaurierte ungarische Werke wurden in Cannes, Berlin, Annecy und im New Yorker MoMA gezeigt, während sich der Budapest Classics Film Marathon zu einer der führenden Retrospektiven in Europa entwickelt hat. Das Lumière Film Festival in Lyon hat einmal mehr seine Rolle als wichtige Plattform zur Würdigung des ungarischen Kinos und des Filmerbes bestätigt.
“Das Filmerbe schlägt eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart”, sagte Ráduly.
“Wenn die Zuschauer 125 Jahre ungarisches Filmschaffen sehen, wird ihnen klar, dass dies eine Filmnation ist.”

