Besteht für die Opposition eine Chance, Premierminister Viktor Orbán im Jahr 2022 für sich zu gewinnen?

Aufgrund des tragischen Todes eines Abgeordneten musste der ungarische Komitat Borsod-Abaúj-Zemplén in einem seiner Wahlkreise eine Nachwahl abhalten.
Aus mehreren Gründen stand viel auf dem Spiel. Folglich hatte der Wahlkampf von Anfang an eine nationale Bedeutung. Obwohl Fidesz das knappe Rennen schließlich mit einigen Prozent Vorsprung gewann, ist das Ergebnis im Hinblick auf die Chancen der koordinierten Opposition für 2022 vielversprechend. Aber was genau geschah bei der Nachwahl im Kreis Borsod am 11. Oktober?
Wie gesagt, bei der Nachwahl stand viel auf dem Spiel, denn Fidesz braucht 133 Sitze im Parlament für die Zweidrittelmehrheit, und diese Wahl sollte darüber entscheiden, ob die Regierungsparteien diese Mehrheit behalten können, seit der Tod ihres ehemaligen Abgeordneten zurückgegangen ist Die Zahl ihrer Sitze stieg auf 132 6 weniger als das, was sie brauchten, um mit der Art von Regierungsführung fortzufahren, die sie unter völliger Missachtung der Opposition geführt hatten.
Darüber hinaus ist der Kreis 6 des Kreises Borsod-Abaúj-Zemplén als typischer Swing-Bezirk bekannt: Er umfasst eine mittelgroße Stadt, die als Hochburg der Linken gilt, sowie einige rechtsgerichtete Kleinstädte und viele benachteiligte Dörfer mit schwerwiegenden sozialen Benachteiligungen.
Obwohl Fidesz hier bei den vorangegangenen Wahlen einige souveräne Siege errungen hatte, waren diese größtenteils darauf zurückzuführen, dass Jobbik und die linken Parteien sich gegenseitig auflösten, da sie um die Stimmen der Opposition konkurrierten. Kein Wunder, dass Fidesz keine Mühen scheute, diesen Wahlbezirk zu behalten.
Es bestand kein Zweifel daran, dass die Opposition mit einem gemeinsamen Kandidaten und einem gemeinsamen Wahlkampf in dieses Rennen gehen würde, nach dem bewährten Modell, das bei den Kommunalwahlen im letzten Jahr und der Nachwahl in Dunaújváros im Februar angewendet wurde.
Ebenso wie in Dunaújváros einigten sich die Oppositionsparteien darauf, einen Jobbik-Politiker als gemeinsamen Kandidaten zu nominieren, da er im Bezirk bereits bekannt war und auch Mitglied des Bezirksrates war.
Fidesz’ Kandidatin war die Tochter des verstorbenen Abgeordneten, die bis zum Beginn und sogar während des Wahlkampfs offiziell als politisch delegierte Diplomatin an der ungarischen Botschaft in Washington tätig war.
Gleich vom ersten Tag des Wahlkampfs an setzte Ungarns autoritär orientierte Regierungspartei die unterschiedlichsten Mittel ein, um die Opposition nicht nur zu besiegen, sondern sogar auszuschalten, im ersten Wahlgang versuchten sie mit administrativen Maßnahmen, den Kandidaten der Opposition unter dem Vorwand des (vielleicht nicht ganz zufälligen) Unterlassens des Gerichts am Rennen zu hindern, schließlich gelang es der Opposition, dieses Problem zu überwinden, indem die Partei des Grünliberalen Dialogs trotz seiner Mitgliedschaft in Jobbik offizieller Nominator des Kandidaten wurde.
Natürlich weckt die Tat von Fidesz neben einigen anderen Ereignissen einen dringenden Verdacht auf Wahlmanipulation.
So erklärten beispielsweise mehrere vermeintlich unparteiische staatliche Institutionen und Organisationen ihre Unterstützung für den Fidesz-Kandidaten, während die Bürgermeister der örtlichen Dörfer von der Fidesz-Zentrale Anrufe erhielten, den Bewohnern ihrer Siedlung zu drohen, dass sie Entwicklungsgelder und Arbeitsplätze verlieren würden, wenn Fidesz nicht gewinnen würde Es gab mehrere Fälle, in denen örtliche Bürgermeister demonstrativ Videoaufnahmen von den Menschen machten, die an Kundgebungen der Opposition teilnahmen Dennoch maßen alle Meinungsforschungsinstitute gleiche Bewertungen für beide Kandidaten.
Auch wenn die gemeinsame Oppositionskampagne im Vergleich zur Regierungspartei nur ein Sechstel der finanziellen Mittel bereitstellen konnte und von Anfang an institutioneller Diskriminierung ausgesetzt war, hat sich jede Oppositionspartei große Mühe gegeben. Diese Haltung brachte eine ganz neue Farbe in die ungarische Politik, da wir zuvor nur kommunale Kampagnen koordiniert hatten, während die Nachwahl in Dunaújváros größtenteils von Jobbik durchgeführt wurde; Die Unterstützung der anderen Oppositionsparteien war dort eher symbolisch.
Erstmals gingen die Oppositionsparteien mit einem gemeinsamen Wahlkampfstab, einem gemeinsamen Wahlkampfteam, ins Rennen um einen Parlamentssitz.
Lassen Sie mich hier anmerken, dass der Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony viel Unterstützung geleistet hat, zusätzlich zu der Tatsache, dass seine Dialogpartei dem Oppositionskandidaten “den Namen gegeben” hat, nachdem Fidesz Jobbik von der Abstimmung verbannen ließ.
Lassen Sie mich ein paar Worte zum Oppositionskandidaten sagen: Der Agrarunternehmer László Bíró ist ein typischer Landespolitiker von Jobbik mit mehrjähriger Erfahrung in der Politik auf lokaler und Kreisebene. Seit Beginn seiner Kandidatur war er schweren Angriffen ausgesetzt, insbesondere wegen seiner skandalösen Äußerungen in der Vergangenheit in einer Debatte auf Facebook. Bíró entschuldigte sich mehrmals bei den anderen Oppositionsparteien sowie den Wählern und seine Entschuldigung wurde von den anderen Parteien angenommen.
Die Prognosen der Umfragen erfüllten sich: Die beiden Kandidaten lieferten sich in der Wahlnacht ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Schließlich kam der Kandidat von Fidesz auf 50 Prozent, während László Bíró mit 46 Prozent ins Ziel kam.
Die Opposition konnte also nicht gewinnen, aber es ist eine Tatsache, dass Fidesz alle möglichen Mittel eingesetzt hat und nicht auf illegale Handlungen wie Stimmenkauf, Bedrohung von Menschen oder die Mobilisierung vermeintlich unabhängiger Institutionen für die Ziele der Partei verzichtet hat.
Allerdings konnten sie nur 1700 Stimmen mehr und ein paar Prozent Vorsprung gewinnen, was deutlich zeigt, dass eine koordinierte Oppositionskampagne als Favorit für die Parlamentswahlen 2022 ins Rennen gehen kann.
Erstmals wurde die oppositionelle Zusammenarbeit live erprobt und verabschiedet, statt etwaigen Teilungsversuchen nachzugeben, blieben sie sich angesichts der illegalen Handlungen der Regierung treu und führten eine gut organisierte Kampagne durch, wobei die Wahlbeteiligung typischerweise bei Nachwahlen nicht hoch war, können wir daraus den Schluss ziehen, dass oppositionelle Bürger die Zusammenarbeit unterstützen.
Als offen rechter Kandidat erlangte László Bíró in jedem Wahllokal der linken Hochburg des Bezirks eine überzeugende Mehrheit und befand sich selbst in den rechten Kleinstädten in einem engen Rennen mit dem Fidesz-Kandidaten.
Leider konnte Fidesz aufgrund seiner Stimmenkaufaktionen in den von Armut geprägten Dörfern gewinnen. 2022 muss die Opposition die Lösung für diese Herausforderung finden.
Obwohl wir dieses Mal nicht gewonnen haben, sind wir jetzt eine Kraft, mit der man rechnen muss: Der Gegner wird als gleichberechtigter Herausforderer gegen Viktor Orbán und seinen Fidesz antreten.


