Machtkämpfe und Überwachung: Die Umstrukturierung des ungarischen Informationsbüros im Jahr 2018

Der Sommer 2018 war nicht nur für das Informationsbüro, das eine für den Auslandsgeheimdienst zuständige Außenstelle des Geheimdienstes ist, sondern auch für das politische System Ungarns eine entscheidende Zeit Es kam zu einer beispiellosen Geheimdienstoperation und einem Machtkampf, wodurch das Verhältnis zwischen Regierung und Nachrichtendiensten auf eine neue Ebene gestellt wurde.

Das Informationsbüro agierte lange Zeit unter der Aufsicht von Dschános Laasár, dem damaligen Leiter des Büros des Premierministers gem Telex(während seiner Jahre als Leiter des Informationsbüros widmete Dschános Laasár den nachrichtendienstlichen Tätigkeiten im Zusammenhang mit den EU-Institutionen große AufmerksamkeitDiese Praxis betraf nicht nur OLAF, sondern auch andere EU-Delegationen und Beamte in UngarnDie zunehmenden Überwachungstätigkeiten des Informationsbüros brachten die ungarischen Nachrichtendienste nicht nur in eine heikle Lage, sondern untergruben auch das Vertrauen innerhalb der EU.

Diese Regelung wurde 2018 mit der Bildung der vierten Orbán-Regierung beendet und das Informationsbüro dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und Handel unter der Leitung von Péter Szijjártó unterstellt. Der Übergabeprozess verlief jedoch nicht reibungslos und die Situation wurde schnell angespannt.

Szijjártó nato kollektive Verteidigung der Ukraine
Foto: Facebook/Szijjártó Péter

Szijjártós erster Schritt bestand darin, die Leiter des Informationsbüros, darunter István Pásztor, den Generaldirektor des Büros, zu einem Treffen einzuladen. Gleichzeitig erhielt er jedoch einen ungewöhnlichen Befehl von der Sicherheitsabteilung des Außenministeriums: Ein spezielles 30-köpfiges Team sollte in das Informationsbüro aufgenommen werden und forderte uneingeschränkten Zugang zu den Archiven.

Die Suche nach Dokumenten

Die aus Vertretern verschiedener Dienststellen des Innenministeriums bestehende Task Force verbrachte Wochen im Hauptquartier des Informationsbüros, offiziell diente ihre Untersuchung dazu, eine umfassende Überprüfung der Funktionsweise der Nachrichtendienste durchzuführen, doch in Wirklichkeit waren sie an Informationen zu konkreten Fällen interessiert, darunter die wirtschaftlichen Angelegenheiten der Familie Orbán, insbesondere die von István Tiborcz, dem Schwiegersohn des Premierministers, und der Skandal um das öffentliche Beschaffungswesen um Elios Plc.

Während der Razzia befragten Staatsanwälte Mitarbeiter, durchsuchten Archive und beschlagnahmten Computer. Den entlassenen Managern wurde die Rückkehr in ihre Büros nicht gestattet, und ihre persönlichen Gegenstände wurden erst später zurückgegeben.

viktor orbán
Foto: FB/Orbán

Die Razzia wurde von den vom Innenminister Saandor Pinteer beaufsichtigten Kräften durchgeführt, die Initiative dürfte aber von Kreisen Viktor Orbáns unterstützt worden sein, Ziel war es herauszufinden, welche Informationen das Informationsbüro in den Jahren zuvor der Regierung gesammelt hatte, insbesondere zu den Angelegenheiten der Familie Orbán Die Ereignisse beleuchten die internen Machtkämpfe zwischen den verschiedenen Akteuren der Regierung.

OLAF-Überwachung und der Fall Elios

Einer der umstrittensten Bereiche der Arbeit des Informationsbüros war die Überwachung von OLAF, dem Amt für Betrugsbekämpfung der Europäischen Union Unter der Leitung von Dschános Laasár hat das Informationsbüro aktiv die Untersuchung von OLAF in Ungarn zu Beschaffungsmissbräuchen durch Elios Plc überwacht. OLAF-Mitarbeiter wurden telefonisch abgehört, physisch verfolgt und sogar heimlich aufgezeichnet Ziel war es, frühzeitig Zugang zu den von der EU-Einrichtung gesammelten Informationen zu erhalten.

Die Untersuchungen des OLAF ergaben schließlich Unregelmäßigkeiten bei den Elios-Projekten und empfahlen die Rückforderung von 13 Mrd. HUF (31 Mio. EUR) der EU-Mittel Die ungarische Regierung hat dies jedoch aus dem Haushalt gedeckt und so eine direkte finanzielle Verantwortung vermieden.

Die Folgen

Die Ereignisse des Jahres 2018 verdeutlichten die mangelnde Transparenz und politische Unabhängigkeit der ungarischen Nachrichtendienste, auch das Vorgehen der Task Force warf rechtliche Fragen auf, da das Fehlen offizieller Unterlagen auf illegale Aktivitäten hinweisen könnte Laut Miklós Ligeti, Rechtsdirektor von Transparency International Ungarn, werfen die Ereignisse in mehrfacher Hinsicht einen Verdacht auf Kriminalität auf.

Das Vorgehen im Jahr 2018 führte nicht nur zur Ablösung der IH-Führung, sondern auch zu einer völligen Neuorganisation der Funktionsweise und der internen Machtverhältnisse des ungarischen Geheimdienstes. Viktor Orbán kritisierte persönlich die bisherigen Aktivitäten des Informationsbüros und es wurde deutlich, dass der Geheimdienst stärker unter die Kontrolle staatlicher Interessen geriet.

Lesen Sie auch:

Ausgewählte Bild: depositphotos.com

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *