Regierung hat die EU über den Pegasus-Spyware-Skandal belogen?

Offener Brief von János Stummer an den Präsidenten des Europäischen Parlaments
Sehr geehrter Herr Präsident
Ich kontaktiere Sie im Zusammenhang mit dem Besuch Ihrer Informationsdelegation in Ungarn zwischen dem 29. September und dem 1. Oktober 2021, um die Presse- und Wissenschaftsfreiheit sowie die Achtung der Minderheitenrechte und der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn zu beurteilen.
Der schriftliche Bericht über die Ergebnisse der Delegation wurde vor einigen Tagen veröffentlicht und besagt, dass die ungarische Nutzung der Pegasus-Software während Ihres dreitägigen Besuchs auch mehrfach besprochen wurde.
Das Nationale Sicherheitskomitee der Ungarischen Nationalversammlung führt die parlamentarische Aufsicht über den Betrieb der ungarischen Nachrichtendienste nach dem geltenden ungarischen Recht, als Vorsitzender des Ausschusses lege ich besonderen Wert auf die Souveränität, Integrität und Unverletzlichkeit meiner Heimat und deren Rechtsstaatlichkeit.
Deshalb war ich sehr besorgt, als ich Ihren Bericht las, in dem es hieß, Justizministerin Judit Varga habe die Delegation bezüglich der Pegasus-Affäre darüber informiert, dass “es unter einer parlamentarischen Untersuchung unter Führung der Opposition” in Ungarn stehe.
Im krassen Gegensatz zur obigen Aussage ist es wahr, dass mein Antrag, eine Sachverhaltsermittlung gemäß den einschlägigen Bestimmungen des ungarischen Gesetzes CXXV von 1995 über die nationalen Sicherheitsdienste einzuleiten, von den regierungsnahen Abgeordneten zweimal abgelehnt wurde die Mehrheit im Nationalen Sicherheitsausschuss: zunächst am 20. September 2021 und dann ein zweites Mal am 18. Oktober 2021.
Hätten die Vertreter der Partei von Judit Varga meinen Antrag entweder angenommen, hätten die Mitglieder des Untersuchungsausschusses jede Person, Einrichtung oder Organisation, die im Besitz von Akten, Daten oder anderen für die Sachverhaltsermittlung relevanten Informationen ist, dazu verpflichten können bei der Untersuchung mitarbeiten.
Aufgrund der Behinderung der regierungsnahen Abgeordneten konnten wir bis heute keine solche Untersuchung durchführen, so daß wir keine Möglichkeit haben, dieser Angelegenheit nachzugehen, wenn Frau Varga Sie also tatsächlich dahingehend informiert hat, daß sie dem Bericht zufolge, also daß ein Untersuchungsausschuß die Pegasus-Affäre untersucht, dann sind Sie in die Irre geführt worden.
Abgeordneter János Stummer
Vorsitzender,
Nationales Sicherheitskomitee der Ungarischen Nationalversammlung

