Reiche Ausländer sollen für die Erschießung unschuldiger Zivilisten in Sarajevo bezahlt haben, Untersuchung eingeleitet

Drei Jahrzehnte nach dem Ende des Bosnienkriegs ist eine schockierende neue Anschuldigung über Kriegsverbrechen während der Belagerung von Sarajevo aufgetaucht. Die italienischen Behörden haben eine offizielle Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob die so genannte “Sarajewo-Menschensafari” wirklich stattgefunden hat. Es wird behauptet, dass wohlhabende Ausländer für die Möglichkeit bezahlt haben, während der Belagerung der Stadt Zivilisten zu erschießen.
Dokumentarfilm löste die Untersuchung aus
Wie Index berichtet, konzentriert sich die Untersuchung auf Sarajevo Safari, einen Dokumentarfilm des slowenischen Regisseurs Miran Zupanič aus dem Jahr 2022. In dem Film berichten Zeugen und ehemalige Organisatoren – die in Silhouette und mit verzerrten Stimmen gezeigt werden – wie wohlhabende italienische und deutsche “Touristen” angeblich nach Sarajevo reisten und beträchtliche Summen zahlten, um mit Scharfschützengewehren auf Zivilisten in der belagerten Stadt zu schießen.
Laut Zeugenaussagen zahlten die Teilnehmer an diesen “Safaris” den Gegenwert von mehreren Millionen Forint für eine einzige Sitzung. In einigen Berichten wird sogar behauptet, dass diejenigen, die auf Kinder zielen wollten, höhere Gebühren zahlen mussten.

Mailänder Staatsanwälte prüfen die Vorwürfe
Der Skandal wurde von einem italienischen Schriftsteller und zwei prominenten Anwälten ans Licht gebracht. Auf der Grundlage des 17-seitigen Dossiers, das sie eingereicht haben, untersucht die Mailänder Staatsanwaltschaft nun, ob die beschriebenen Ereignisse tatsächlich stattgefunden haben. Durchgesickerte Informationen deuten darauf hin, dass mehrere italienische Staatsbürger zu den mutmaßlichen Tätern gehören, darunter ein in Mailand ansässiger Schönheitschirurg und Personen, die mit den Städten Triest und Turin verbunden sind.
In dem Bericht heißt es auch, dass die fraglichen Personen während des Krieges von Triest nach Belgrad flogen und von dort aus auf die Hügel um Sarajevo gebracht wurden – die Positionen, die von Scharfschützen genutzt wurden, die die Stadt jahrelang beschossen.
Mehr als 300 Scharfschützen, Hunderte von Opfern
Nach Angaben des zuständigen Instituts der Universität Sarajevo operierten während der Belagerung mehr als 300 Scharfschützen in der Region und mindestens 225 Zivilisten – darunter 60 Kinder – wurden durch Scharfschützenfeuer getötet. Andere Schätzungen gehen davon aus, dass die Gesamtzahl der zivilen Opfer von Scharfschützen bis zu 11.000 betragen haben könnte.
Es bleibt unklar, ob unter den Scharfschützen sowohl Soldaten als auch Zivilisten waren, berichtet MTI. Veteranen der bosnischen Serben bestreiten jedoch, dass es jemals eine “Menschensafari” gegeben hat und behaupten, der Dokumentarfilm basiere auf Lügen.

Mögliche Geheimdienstverbindungen
Die Ermittler sagen, dass bestimmte geheime Geheimdienstdokumente, die sich angeblich einst im Besitz des italienischen Militärgeheimdienstes SISMI befanden, ebenfalls auf die Ereignisse hinweisen könnten. Ein ehemaliger bosnischer Agent hat behauptet, dass die italienischen Dienste bereits 1993 vor dem Auftauchen von “Kriegstouristen” gewarnt wurden.
Die Mailänder Staatsanwaltschaft untersucht auch diesen Aspekt und hat einschlägige Akten beim Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag angefordert, wo es in früheren Verfahren Zeugenaussagen gab, die sich auf ähnliche Phänomene bezogen.
Ehemaliger Bürgermeister von Sarajevo hilft bei den Ermittlungen
Benjamina Karić, der zwischen 2021 und 2024 Bürgermeister von Sarajevo war, hat eine offizielle Erklärung an die italienischen Behörden geschickt, in der er die verfügbaren Unterlagen der Stadt zur Verfügung stellt. Die Anwälte, die die Untersuchung eingeleitet haben – darunter Nicola Brigida und Guido Salvini – hoffen, dass das Verfahren endlich Licht auf die Identität möglicher Täter werfen wird.

