“Ein Flugzeug kann abstürzen, ein Schiff kann sinken” – Wussten Sie, dass der ungarische Kommunistenführer Kádár Angst vor dem Reisen hatte?

János Kádár, Erster Sekretär der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei, regierte Ungarn mehr als drei Jahrzehnte lang, doch eines konnte er nie überwinden: seine Angst vor dem Reisen. Er fürchtete sich vor dem Fliegen, wurde auf Schiffen krank und fühlte sich in einem Auto nie sicher. Es gab nur ein einziges Verkehrsmittel, dem er bedingungslos vertraute – den Zug.
Der Eisenbahnliebhaber und die Legende vom “Silberpfeil”
Kádár wiederholte oft: “Ein Flugzeug kann abstürzen, ein Schiff kann sinken, aber der Zug bleibt immer in der Spur.” Er nahm diese Überzeugung so ernst, dass er für sich selbst einen privaten Zug bauen ließ. Der Silberpfeil (Ezüstnyíl), der 1969 von der Ungarischen Waggon- und Maschinenfabrik Rába fertiggestellt wurde, stellte den technologischen Höhepunkt seiner Zeit dar – und diente als Kádárs fahrendes Imperium.
Von außen machte der Zug einen bescheidenen Eindruck, was ihm unter den Bahnarbeitern den Spitznamen “grauer Esel” einbrachte. Im Inneren bot er jedoch vollen Luxus: ein Telefon, ein Weltbandradio, eine Klimaanlage, eine Dusche, eine Küche und sogar Räume für Schach und Karten. Der Konferenzraum bot Platz für sechzehn Personen, während die Schlafkabine einen komfortablen Rückzugsort für den ungarischen Staatschef darstellte, der von seinem persönlichen Personal begleitet wurde. Laut Blikk konnte der Zug eine Geschwindigkeit von bis zu 120 km/h erreichen und legte bis zu 7.000 Kilometer pro Jahr zurück, hauptsächlich in Mittel- und Osteuropa.
Die Details dieser Fahrten waren streng geheim. Dem Zug ging immer ein Pilotwagen voraus, um die Strecke zu inspizieren und mögliche Anschläge zu verhindern. Bahnübergänge wurden im Voraus geschlossen, und vor jeder Abfahrt meldete der Zugführer – der sogenannte “Pilot” – die voraussichtliche Ankunftszeit und die Wetterbedingungen.
Sehen Sie sich ein Video an, das zeigt, wie der Silberpfeil heute aussieht:
Flugangst und eine Beinahe-Tragödie
Kádár fühlte sich in der Luft besonders unwohl. Veränderungen des Luftdrucks verursachten ihm Ohrenschmerzen, und er stieg nur in Begleitung von Sándor Nagyváthy, einem Luftfahrtingenieur von Malév, der nationalen ungarischen Fluggesellschaft, in ein Flugzeug. Nagyváthy war die einzige Person, der Kádár bedingungslos vertraute – und das aus gutem Grund.
Während eines Fluges an Bord einer Tu-134, die hochrangige Parteifunktionäre beförderte, begann das Flugzeug dreimal gefährlich zu sinken. Nagyváthy bemerkte gerade noch rechtzeitig einen Ausfall des Heizungssystems in der Nähe der Tragflächen und schaffte es, das Problem zu beheben. Nach diesem Vorfall war Kádár noch mehr davon überzeugt, dass das Reisen mit der Bahn die einzige wirklich sichere Option war.
Als er 1987 nach China reisen musste, wurde die Reise für ihn zu einem echten Albtraum. Der lange Flug mit mehreren Umstiegen war kaum zu ertragen – nur die Anwesenheit von Nagyváthy half ihm, ihn zu ertragen.

Seekrankheit und diplomatische Reisen
Auch Kádár reiste nicht gerne auf dem Meer. Als er 1960 auf dem sowjetischen Ozeandampfer Baltika zur UN-Generalversammlung nach New York reiste, litt er unter schwerer Seekrankheit. Proteste von Matrosen, amerikanischen Hafenarbeitern und ungarischen Emigranten machten die Reise nur noch unangenehmer.
Doch zurück in der Heimat wurde die Schifffahrt zu einem nützlichen Instrument der Diplomatie. Kádár nutzte die Artúr, eine Jacht, die einst Miklós Horthy gehörte, um ausländischen Gästen das Panorama von Budapest zu zeigen. Er genoss auch Bootsfahrten auf dem Balaton, vor allem, wenn er von seinem Feriendomizil in Aliga aus startete. Sein eigenes kleines Boot, Hullám (“Welle”), war mit einem 130-PS-Motor, Radar und Platz für fünf Personen ausgestattet – perfekt für Angelausflüge mit seiner Frau, wie Index berichtete.

Kugelsichere Mercedes und der Bruch mit sowjetischen Autos
Obwohl Kádár nie ein Autoliebhaber war, reiste er gewöhnlich in seinem schwarzen Mercedes W116 nach Aliga. Die Türen des Wagens waren mit Bleieinlagen verstärkt, was ihn kugelsicher machte. Diese Wahl in den frühen 1970er Jahren bedeutete einen klaren Bruch mit der Ära der sowjetischen ZIL-111-Limousinen, die immer noch von vielen Parteieliten bevorzugt wurden.
Zuvor hatte Kádár von Nikita Chruschtschow eine seltene Cabrio-Tschaika (GAZ-13V) geerbt – eine von nur fünfzehn jemals hergestellten. Interessanterweise gehörte das andere bekannte Modell Juri Gagarin; nach dessen Tod gelangte auch dieses Auto in Kádárs Besitz. Nach den politischen Veränderungen von 1989 wurden beide Fahrzeuge in die Vereinigten Staaten gebracht.

