Das Verschwinden des Flores-Mannes könnte endlich geklärt sein

In der Paläoanthropologie gibt es zahlreiche Fragen zum Mann von Flores, von denen viele bis heute unbeantwortet geblieben sind. Eine aktuelle Studie bietet jedoch einen neuen Ansatz, der unser Verständnis des Schicksals des Homo floresiensis grundlegend verändern könnte.
Homo floresiensis – in der Wissenschaft und in der breiten Öffentlichkeit als “Hobbit” bekannt – fasziniert Paläoanthropologen seit Jahrzehnten. Die Überreste dieser archaischen Menschenart, die nur etwa einen Meter groß war und ungewöhnliche anatomische Merkmale aufwies, wurden erstmals in den frühen 2000er Jahren auf der Insel Flores entdeckt.
Seitdem sind mehrere Theorien aufgetaucht, die darauf hindeuten, dass der Flores-Mensch auch heute noch unter uns leben könnte – auch wenn noch keine überzeugenden Beweise gefunden wurden.
Eine neue multidisziplinäre Studie verbessert nun die lange Liste der Rätsel um den Flores-Menschen erheblich und liefert überzeugende Beweise dafür, dass Klima- und Umweltveränderungen eine entscheidende Rolle beim Verschwinden der “Hobbits” gespielt haben könnten, berichtet Archaeology News.
Umfassende Analyse bringt neue Erkenntnisse
Das Forschungsteam untersuchte eine genau datierte Stalagmitenprobe aus der Liang Luar Höhle, die sich in der Nähe von Liang Bua befindet. Durch die Analyse des Magnesium-Kalzium-Verhältnisses und der Sauerstoffisotope in den Kalzitschichten konnten die Forscher alte Niederschlagsmengen und saisonale Schwankungen der Niederschläge rekonstruieren.
Die Ergebnisse zeichnen ein dramatisches Bild: Zwischen 76.000 und 61.000 Jahren vor unserer Zeitrechnung sank der durchschnittliche jährliche Niederschlag auf der Insel um etwa 37%, gefolgt von Perioden mit extrem schweren Dürreperioden im Sommer.
Auch die Hauptbeute des Flores-Mannes fiel der Dürre zum Opfer
Die abnehmenden Niederschläge hatten nicht nur verheerende Auswirkungen auf die menschlichen Gemeinschaften, sondern auch auf wichtige Arten im Ökosystem der Insel. Eines der wichtigsten Beutetiere der “Hobbits” war der Stegodon florensis insularis – eine Art, die dem modernen Elefanten ähnelt, aber viel kleiner ist.
Isotopenstudien zeigen, dass diese Tiere in dieser Zeit der abnehmenden Niederschläge zunehmend unter Wasserknappheit litten, noch bevor sie endgültig von Flores verschwanden.
Als große Pflanzenfresser waren die Stegodons auf eine stabile und reichliche Versorgung mit Süßwasser angewiesen. Sobald diese Bedingung nicht mehr erfüllt werden konnte, schrumpften ihre Populationen oder waren gezwungen, abzuwandern – eine Entwicklung, die auch für die Menschen auf Flores schwerwiegende Folgen hatte.

Ein Vulkanausbruch verschlimmerte die Situation
Die Umweltveränderungen endeten nicht mit der Verschärfung der Dürre. Die Forscher stellen auch fest, dass die Insel vor etwa 50.000 Jahren von einem verheerenden Vulkanausbruch heimgesucht wurde, der die umliegende Region mit Asche und Schutt bedeckte.
Die Zerstörung der Vegetation, die Bodenerosion und der vorübergehende Zusammenbruch der Lebensräume könnten dazu beigetragen haben, dass die kleinen, isolierten “Hobbit”-Gemeinschaften nicht in der Lage waren, sich anzupassen.
Was die Überlebensstrategien anbelangt, so ist es möglich, dass Gruppen von Homo floresiensis versuchten, sich an die veränderten Umstände anzupassen: Sie könnten die Liang Bua-Höhle verlassen haben und in Richtung Küste gezogen sein, wo die Wasserversorgung und die Ressourcen besser vorhersehbar gewesen wären.
Ein langer Prozess führte zum Verschwinden des Flores-Menschen
Nach den neuen Erkenntnissen kann das Verschwinden des Flores-Menschen nicht auf ein einzelnes katastrophales Ereignis zurückgeführt werden. Vielmehr war es das Ergebnis einer Kettenreaktion: Lebensraumveränderungen durch Klimaveränderungen, der Verlust wichtiger Beutetiere und plötzliche geologische Störungen verringerten gleichzeitig die Überlebenschancen der Art.
Kleinwüchsige, auf Inseln lebende Populationen sind besonders anfällig für solche komplexen Umweltbelastungen, und es scheint, dass die “Hobbits” dieser außergewöhnlichen Belastung letztlich nicht standhalten konnten.

