Wo bleibt die übliche Anti-EU-Rhetorik? Ungarns Außenministerium reagiert zurückhaltend auf die Belästigung ungarischer Studenten durch serbische Grenzbeamte

Wie wir gestern berichteten, wurden mehrere ungarische Studenten am Samstag an der serbischen Grenze angehalten und zurückgewiesen, als sie nach Novi Sad reisten, um an einer Gedenkfeier zum ersten Jahrestag des Zugunglücks im vergangenen Jahr teilzunehmen. Nach Angaben der serbischen Behörden stellte die ungarische Gruppe eine “Bedrohung der nationalen Sicherheit” für das Land dar, allerdings gaben sie keine Erklärung ab. Das ungarische Außenministerium äußerte sich zurückhaltend und erklärte, es habe keine formellen Beschwerden erhalten.
Drei Stunden Tortur, beschlagnahmte Gegenstände, erniedrigende Durchsuchungen
Mitglieder der Studentenvereinigung (Hallgatói Szakszervezet, HASZ) machten sich mit Auto und Bus auf den Weg nach Novi Sad, um bei der Veranstaltung zum Gedenken an das Zugunglück, bei dem im vergangenen Jahr 16 Menschen ums Leben kamen, Solidarität mit den serbischen Studenten zu zeigen. An der Grenze stieß die ungarische Gruppe jedoch auf ernsthafte Hindernisse.
Serbische Grenzbeamte hielten mehrere Mitglieder stundenlang fest und beschlagnahmten verschiedene Gegenstände wie Funkgeräte, Aufkleber und Abzeichen. “Uns wurde ein Dokument ausgehändigt, das besagt, dass wir eine Bedrohung für die nationale Sicherheit des serbischen Staates darstellen”, sagte Anna Horváth, ein Mitglied der HASZ.
Die Studenten berichteten auch von erniedrigender Behandlung: Zwei ungarische Mädchen wurden gezwungen, sich bei der Grenzkontrolle bis auf die Unterwäsche auszuziehen, während die Beamten die Telefonnummern anderer notierten. Von den 30 Studenten durften schließlich nur 11 nach Serbien einreisen – und keiner derjenigen, die das Land zuvor besucht hatten, durfte die Grenze passieren.
Das ungarische Außenministerium handelt nur, wenn eine Beschwerde eingereicht wird
Nach dem Vorfall kontaktierten 24.hu und andere ungarische Nachrichtenagenturen das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und Handel. Der Sprecher des Ministeriums, Máté Paczolay, antwortete wie folgt:
“Weder unser Konsulat in Subotica noch unsere Botschaft in Belgrad noch das Ministerium selbst haben irgendwelche Beschwerden von ungarischen Bürgern erhalten. Auch die serbischen Behörden haben uns die Angelegenheit nicht gemeldet. Sollte von einer der beiden Seiten eine Beschwerde eingereicht werden, werden wir natürlich die notwendigen Schritte einleiten.”
Der zurückhaltende Ton der Antwort steht in krassem Gegensatz zu der typisch scharfen Rhetorik des Ministeriums, wenn Vorfälle andere Länder betreffen. Erst vor wenigen Tagen, als Österreich einem Zug mit Ferencváros-Fußballfans die Einreise verweigerte, rief Außenminister Péter Szijjártó sofort den österreichischen Botschafter vor und nannte die Entscheidung “empörend und skandalös”.
Ein stilles Gedenken verwandelt sich in diplomatische Spannungen
Die Gedenkveranstaltung in Novi Sad, die von serbischen Studenten am Jahrestag der Tragödie organisiert wurde, die 16 Menschenleben forderte und eine tiefe soziale Krise in Serbien auslöste, sollte ein friedlicher Akt der Solidarität sein. Die Teilnahme der ungarischen Studenten wurde jedoch durch den Grenzzwischenfall weitgehend vereitelt.

Während die serbischen Behörden die ungarischen Jugendlichen als Bedrohung der nationalen Sicherheit behandelten, hat das ungarische Außenministerium – in einer seltenen Abweichung von seiner üblichen Praxis – bisher keine Bereitschaft gezeigt, die Angelegenheit auf diplomatischer Ebene zu behandeln.
Damit bleibt eine Frage offen: Warum hat Serbien die friedlichen ungarischen Studenten als Bedrohung wahrgenommen, und warum hält es die ungarische Regierung nicht für wichtig, sich für sie einzusetzen?

