Das wahre Vermögen von Orbáns Schwiegersohn Tiborcz könnte das Dreifache der offiziellen Schätzung betragen

In den letzten Jahren haben die ungarischen Rankings der reichsten Personen – insbesondere derjenigen mit politischen Verbindungen – immer weniger deren tatsächliches Vermögen widergespiegelt. István Tiborcz, der Schwiegersohn von Premierminister Viktor Orbán, wird offiziell mit 188 Milliarden Forint auf der Liste der “100 reichsten Ungarn” geführt. Neue Finanzdaten deuten jedoch darauf hin, dass diese Zahl stark unterschätzt wird.
Nach einer Analyse von Válasz Online könnte Tiborcz’ wahres Vermögen – das über mehrere Vermögensverwaltungsfonds verwaltet wird – mehr als 600 Milliarden Forint betragen. Die Diskrepanz ist nicht nur technischer Natur, sondern spiegelt ein komplexes und undurchsichtiges Netzwerk von Private Equity Fonds wider, das hinter den Kulissen agiert.
Ein Vermögen vor den Augen der Öffentlichkeit verstecken
In den letzten Jahren sind Teile der ungarischen Wirtschaftselite von den umstrittenen Offshore-Strukturen abgekommen und haben sich stattdessen für inländische Private Equity-Fonds entschieden, die ebenso undurchsichtig sind. Diese Fonds sind nicht börsennotiert, und ihre Eigentumsverhältnisse werden nicht offengelegt, so dass sie für die Öffentlichkeit praktisch unsichtbar sind. Nach Angaben der ungarischen Nationalbank waren bis 2024 mehr als 200 solcher Fonds in Betrieb. Sie halten in der Regel hochwertige Vermögenswerte wie Immobilien, Unternehmen und andere Investitionen, deren Bewertungen nur aus den von den Fondsmanagern vorgelegten Jahresberichten hervorgehen.
Jüngste Daten zeigen, dass vier Vermögensverwalter – Gránit, Equilor, Central European und Atlas – zusammen mehr als 665 Milliarden Forint an Nettovermögen verwalten. Diese Fonds besitzen prestigeträchtige Immobilien und Unternehmen, darunter das Budapest Marriott Hotel, das Gellért Hotel, die ehemalige Zentrale des staatlichen Fernsehens am Freiheitsplatz und das Logistikunternehmen Waberer’s. Mehrere dieser Projekte sind mit der BDPST-Gruppe verbunden, die offiziell mit István Tiborcz assoziiert ist, so dass seine Beteiligung offensichtlich ist, auch wenn die Eigentumsverhältnisse im Dunkeln bleiben.

Die Rolle des Staates
Der ungarische Staat ist ebenfalls ein wichtiger Akteur bei der Verbreitung von Private Equity Fonds. Staatliche Mittel in Höhe von insgesamt 203,4 Milliarden Forint sind in die von Gránit und Equilor verwalteten Tiborcz-Fonds geflossen, hauptsächlich über die Ungarische Entwicklungsbank (MFB). Darüber hinaus flossen 28,4 Milliarden Forint aus dem Baross Gábor Capital Programm – einer weiteren staatlich geförderten Initiative – in von Equilor verwaltete Fonds. Diese Zahlen belegen, dass das durch diese Strukturen angehäufte Vermögen nicht nur das Ergebnis privater Investitionen ist, sondern auch in erheblichem Maße durch öffentliche Mittel unterstützt wird.
Tiborcz’ enge Mitarbeiter sind tief in diese Finanzgeschäfte verwickelt. Bálint Szécsényi, einer seiner engsten Geschäftspartner, ist an mehreren neu gegründeten Fondsmanagern beteiligt, darunter Atlas Europe Assets. Einer der Eigentümer dieses Fondsmanagers ist Róbert Barlai, eine Schlüsselfigur bei MVM, Waberer’s und Equilor. Diese Verbindungen unterstreichen, wie eng dieses Netz des Reichtums mit öffentlichen Institutionen und staatlich gelenkten Wirtschaftsstrategien verflochten ist.
Was die Zahlen sagen
Die offizielle Vermögensschätzung von Tiborcz in Höhe von 188 Milliarden Forint umfasst nur Unternehmen, die ihm direkt gehören, vor allem die BDPST-Gruppe. Berücksichtigt man jedoch die Vermögenswerte, die über Fondsmanager mit ihm verbunden sind, steigt der Nettowert auf 665,1 Milliarden Forint. Selbst nach Abzug der 203,4 Milliarden Forint an staatlichen Beiträgen beläuft sich sein Vermögen immer noch auf rund 460 Milliarden Forint – damit gehört er zu den drei reichsten Personen Ungarns.
Zum Vergleich: Lőrinc Mészáros’ offizielles Vermögen beläuft sich auf 1.422 Milliarden Forint – fast zwei Drittel davon (967,8 Milliarden Forint) werden in privaten Aktienfonds gehalten. In seinem geschätzten Nettovermögen sind diese Beteiligungen bereits enthalten. Im Fall von Tiborcz werden diese Vermögenswerte jedoch bei den aktuellen Schätzungen nicht berücksichtigt, was bedeutet, dass sein tatsächliches Vermögen im Vergleich zu öffentlichen Rankings deutlich unterbewertet ist.
Die finanzielle Position von István Tiborcz geht über den herkömmlichen wirtschaftlichen Einfluss hinaus. Mit staatlichen Investitionen, undurchsichtigen Eigentumsverhältnissen und engen persönlichen und familiären Verbindungen nimmt er eine zentrale Position in einem wirtschaftlichen Netzwerk ein, in dem politische und geschäftliche Interessen eng miteinander verwoben sind. Dies wirft wichtige Fragen zu Transparenz, Rechenschaftspflicht und Fairness in der ungarischen Wirtschaftslandschaft auf.
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