Ungarn klammert sich an den Mythos vom billigen russischen Gas: aber zahlt mehr als der EU-Durchschnitt

Seit Russland 2022 in die Ukraine einmarschiert ist, hat sich der europäische Gasmarkt stark verändert. Während die EU-Länder ihre Abhängigkeit von russischem Gas allmählich verringert haben, ist Ungarn weiterhin auf Gazprom angewiesen. In der Kommunikation der Regierung wird die russische Energie immer noch als “Garantie” für niedrigere Stromrechnungen dargestellt. Die Realität sieht jedoch anders aus: In den letzten Jahren hat Ungarn wiederholt mehr für Erdgas gezahlt als der EU-Durchschnitt.
Das Narrativ der Regierung: Nur russisches Gas garantiert niedrige Preise
Außenminister Péter Szijjártó argumentiert regelmäßig, dass die ungarischen Haushalte ohne russische Lieferungen doppelt oder dreifach so hohe Energierechnungen hätten. Die Botschaft der Regierung ist einfach: Ohne Moskau gibt es keine Energiesicherheit und kein bezahlbares Gas.

Als Ausdruck dieser Haltung hat Ungarn seine Importe von russischem Gas(und Öl) nicht nur beibehalten, sondern sogar noch erhöht, während die meisten EU-Länder ihre Importe reduziert haben. Bis 2025 werden fast 70 Prozent der ungarischen Gasimporte aus russischen Quellen stammen – eine der höchsten Raten in der EU.
Die Fakten: Ungarn zahlt mehr
Die Behauptungen der Regierung halten einer genaueren Prüfung nicht stand. Laut einer G7-Analyse hat Ungarn aufgrund von russischem Gas oft mehr als der EU-Durchschnitt gezahlt:
- Im Jahr 2022 zahlte Ungarn einen der höchsten Gaspreise des Kontinents – 43 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Dies war zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Regierung in einer Zeit rekordhoher Preise zusätzliche Gazprom-Verträge unterzeichnete.
- Seit 2023 liegt der Durchschnittspreis für importiertes Gas in Ungarn um 2 Prozent höher als im Rest der EU.
- In der Zwischenzeit haben sich Länder wie Polen, Deutschland und Österreich – die ihre Verbindungen zu den russischen Pipelines gekappt haben – dank LNG-Importen dem EU-Durchschnittspreis angenähert oder sind sogar darunter gefallen.
Heute ist die Behauptung vom “verbilligten russischen Gas” eher ein politischer Slogan als eine wirtschaftliche Realität.
LNG: eine verpasste Gelegenheit
Die meisten EU-Länder sind in den letzten Jahren auf amerikanisches und katarisches LNG (Flüssigerdgas) umgestiegen. Obwohl dies mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, z.B. für Transport und Wiederverdampfung, haben die niedrigen US-Preise LNG insgesamt wettbewerbsfähiger gemacht als langfristige russische Pipelineverträge.
Ungarn verfügt zwar über LNG-Kapazitäten über die kroatische Insel Krk, doch der Großteil seiner Importe stammt nach wie vor aus russischen Quellen. Das hält nicht nur die Preise hoch, sondern verfestigt auch die Energieabhängigkeit des Landes.
Warum klammert sich die Regierung an russisches Gas?
Dafür gibt es nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Gründe. Das staatliche Versorgungsunternehmen MVM hat in den letzten Jahren erhebliche Gewinne aus dem Handel mit russischem Gas erzielt. Diese Gewinne haben Hunderte von Milliarden Forint an Dividenden für den Staatshaushalt eingebracht: Einnahmen, auf die die Regierung nicht verzichten will, selbst wenn dies langfristig höhere Energiekosten bedeutet.
Europa wählt einen anderen Weg
Die große Mehrheit der EU-Länder hat sich neue Energiepartner gesucht, vor allem in den USA und Katar. Die Europäische Kommission strebt an, die Importe von russischem Gas und Öl bis 2027 vollständig zu beenden. Ungarn ist ein Ausreißer: Während sich andere Länder davon lösen, nimmt die Abhängigkeit von Russland sogar noch zu.
Zusammenfassung
Die ungarische Regierung baut einen Großteil ihrer politischen Botschaften auf das Narrativ des “billigen russischen Gases” auf, obwohl Statistiken eindeutig zeigen, dass das Land mehr für seine Energie bezahlt als der EU-Durchschnitt. Während Europa versucht, sich von einem Aggressorstaat zu lösen, bleibt Ungarn an Gazprom gebunden: getrieben von wirtschaftlichen, politischen und kurzfristigen Haushaltsinteressen.
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