Die Jahreszeiten in Ungarn haben sich völlig verändert: Mit dem Winter ist etwas Erstaunliches geschehen

In Ungarn beginnt das Schuljahr am 1. September, und in den Kinderbüchern finden sich oft Gedichte, die den Herbst feiern: “Der Sommer ist vorbei, es weht ein kühler Wind.” Doch am 1. September ist der Sommer noch lange nicht vorbei – er dauert oft noch an. Innerhalb von nur einer Generation haben sich die Jahreszeiten in Ungarn so dramatisch verändert, dass sowohl die Landwirtschaft als auch unser Tagesrhythmus damit nicht mehr Schritt halten können. Válasz Online hat sich in einem ausführlichen und aufschlussreichen Artikel mit diesem Thema beschäftigt.
Der Wandel der Jahreszeiten in Ungarn
Der Artikel beginnt mit einer bemerkenswerten Tatsache: Vor Jahrzehnten markierte der Oktober den Beginn der Heizperiode, ein Monat, der durch anhaltenden Regen und düsteres Wetter gekennzeichnet war. Heute fühlt sich der Oktober viel näher am Sommer an als früher der September. Tatsächlich reifen mediterrane Pflanzen wie die “blaue Banane” und die sizilianische Geleepalme in Siófok sogar im Oktober.

Anders als in den 1980er und 1990er Jahren, als der meteorologische Herbst am 1. September begann und am 30. November endete, um dem Winter Platz zu machen, sind diese jahreszeitlichen Grenzen heute nicht mehr gültig. Der Sommer erstreckt sich heute in der Regel bis etwa Mitte oder Ende September, wobei die Klimaforscher der Eötvös Loránd Universität davon ausgehen, dass er im Durchschnitt bis zum 17. September andauert.
Sommer im September, Herbst im Dezember
Es ist keine Überraschung, dass sich der September oft immer noch wie Sommer anfühlt, und Oktober und November sind milder geworden, als es die Erinnerung vermuten lässt. Während der Winter im Jahr 2000 noch etwa 25 % des Jahres ausmachte, ist diese Zahl auf nur noch 11 % gesunken, da Frühling und Sommer jetzt zusammen fast zwei Drittel des Jahres ausmachen (jeweils 32 %).
Vorbei sind die Zeiten eines zugefrorenen Plattensees, einer dicken Schneedecke, großer Schneeballschlachten und des Bauens von Schneemännern oder Burgen. Schneefall ist heute im ganzen Land selten, und eine durchgehende Schneedecke über Ungarn ist ein bemerkenswertes Ereignis geworden. Traditionell hat sich die ungarische Landwirtschaft an diese kälteren Bedingungen angepasst.
- Das Sturmchaos kostet Milliarden: Mehr als 45.000 ungarische Häuser in nur 3 Tagen betroffen!
Was macht den Sommer aus?
Offiziell wird der Sommer gezählt, wenn die Tageshöchsttemperaturen 25 °C überschreiten (allerdings variieren die Kriterien, wie in Schweden). Im September 2023 wurden beispielsweise 23 Sommertage gezählt, und dieser September war auffallend trocken und warm. Erst gestern war die Temperatur nur zwei Zehntel von einem historischen Rekord entfernt.

Was hält die Zukunft bereit?
Der Umweltingenieur Zoltán Goda sprach kürzlich in einem Podcast über die Zukunft des ungarischen Klimas, das sich in Richtung ausgeprägter trockener und feuchterer Wachstumsperioden verschiebt. Die anhaltenden langen Regenfälle im Herbst und die Schneedecke im Winter verschwinden, obwohl es noch zu früh ist, um wissenschaftliche Trends zu bestätigen.
Der Meteorologe Péter Szabó von ELTE erklärt, dass Ungarn aufgrund seiner geografischen Lage immer eine kühlere, weniger sonnige und eine wärmere, sonnigere Jahreszeit haben wird. Er sagt jedoch voraus, dass in den nächsten 30 Jahren der vertraute Winter verschwinden wird und nur noch kühlere und wärmere Jahreszeiten übrig bleiben, die vielleicht nicht mehr der traditionellen Definition von “Jahreszeiten” entsprechen.
Folgen des Klimawandels in Ungarn
Längere, trockenere Wärmeperioden könnten dem Tourismus zugute kommen, da sich die Möglichkeiten für Aktivitäten im Freien bis weit in den September hinein erstrecken. Aber es gibt auch Nachteile: Es entstehen neue Gesundheitsrisiken, wie z.B. Krankheiten, die von asiatischen Tigermücken verbreitet werden, und eine längere Zeckenaktivität in der Saison. Lokale Schädlinge wie der Buchstabenkäfer, der Eichenprozessionsspinner und verschiedene mediterrane Mottenarten treten immer häufiger auf. Jüngste Berichte beschreiben, dass die älteste ungarische Bibliothek von Getreidekäfern beschädigt wurde, und Mückeninvasionen rund um den Balaton bedrohen den lokalen Tourismus und das Leben.

Wälder und Landwirtschaft im Wandel
Die ungarischen Wälder werden sich stark verändern, während die Landwirtschaft gleichzeitig mit Trockenheit und Hitzestress zu kämpfen hat. Doch der Wechsel der Jahreszeiten bringt auch neue Möglichkeiten mit sich, wie z.B. den Anbau tropischer oder mediterraner Pflanzen – auch wenn diese das Leben der einheimischen Insekten stören und dazu führen können, dass die Pflanzen früher und wiederholt blühen.
- Klicken Sie für weitere Nachrichten zum Klimawandel.
Rekordverdächtige Temperaturen und früher Herbstbeginn
HungaroMet meldete, dass am vergangenen Sonntag Temperaturen zwischen 27 und 33 °C herrschten, mit einem landesweiten Durchschnitt von 30,3 °C – fast 10 °C wärmer als gewöhnlich für diese Jahreszeit. Der heißeste Ort war Baja mit 32,6 °C und der kühlste Jósvafő mit 26,5 °C. Diese Hitzewelle entspricht den Bedingungen des Hochsommers, die normalerweise zwischen Mitte Juli und Mitte August herrschen.
Vor kurzem waren sogar Nordlichter zu sehen – ein seltener Anblick in Ungarn:
Im Laufe der Woche werden die Tagestemperaturen stetig sinken, so dass der Herbst in Westungarn bereits heute Einzug halten wird. Weiter östlich sinken die Temperaturen langsamer, aber bis Donnerstag wird landesweit eine durchgehende Wolkendecke erwartet. Regen, Wolken und stärkerer Wind werden den Rest der Woche dominieren, wobei die Höchstwerte kaum über 20 °C steigen werden.
Klicken Sie für weitere Nachrichten zum Wetter in Ungarn.

