Der mysteriöse Zusammenbruch der Indus-Tal-Zivilisation könnte durch den Klimawandel verursacht worden sein

Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass das Verschwinden der Indus-Tal-Zivilisation nicht das Ergebnis einer plötzlichen Katastrophe war, sondern vielmehr das Ergebnis langfristiger Prozesse. Wissenschaftler glauben nun zunehmend, dass der Klimawandel eine entscheidende Rolle beim Niedergang dieser einst blühenden Zivilisation des Fernen Ostens gespielt haben könnte.

Die Indus-Tal-Zivilisation – auch bekannt als Harappan-Kultur – war eine der fortschrittlichsten Zivilisationen der frühen Menschheitsgeschichte und blühte vor etwa fünftausend Jahren im heutigen Pakistan und Indien.

Aufgrund ihrer riesigen Städte, ihres fortschrittlichen Wassermanagementsystems, ihrer einzigartigen Schrift und ihrer komplexen Wirtschaft wird sie oft in einem Atemzug mit den alten Reichen Ägyptens und Mesopotamiens genannt. Doch vor etwa 3.900 Jahren begann der Niedergang der Gesellschaft, und innerhalb weniger Jahrhunderte war sie ganz verschwunden.

Forscher haben lange darüber debattiert, welche natürlichen oder sozialen Faktoren zum Zusammenbruch der Zivilisation geführt haben könnten, aber jetzt scheinen sie einer überraschenden Antwort näher gekommen zu sein: Der Klimawandel und insbesondere lang anhaltende Dürreperioden könnten eine entscheidende Rolle beim Zerfall dieser antiken Gesellschaft gespielt haben, schreibt das Smithsonian Magazine.

Die Indus-Tal-Zivilisation wurde von anhaltenden Dürreperioden heimgesucht

Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Region zwischen 4.400 und 3.400 Jahren vier extrem schwere Dürreperioden durchlebte. In dieser Zeit gingen die Niederschläge um 10-20 Prozent zurück, während die Durchschnittstemperaturen deutlich anstiegen.

Die langfristigen und allmählichen Auswirkungen dieser Veränderungen dürften die Landwirtschaft und die Wasserversorgung ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen haben – beides ist für das Überleben der damaligen städtischen Zivilisationen von grundlegender Bedeutung.

Laut dem Hauptautor der Studie, Hiren Solanki, wurde die Harappan-Zivilisation nicht durch ein einziges katastrophales Ereignis zerstört, sondern durch jahrhundertelang wiederkehrende Dürreperioden, die das Funktionieren der Gesellschaft nach und nach schwächten.

Die Wettermuster in der Region veränderten sich

Die Forscher verglichen meteorologische Daten, paläoklimatische Proben und geochemische Analysen mit archäologischen Beweisen. Sie fanden heraus, dass die Region zwischen 3000 und 2475 v. Chr. aufgrund einer kühleren Phase im Pazifischen Ozean reichlich Niederschläge erhielt, aber in den folgenden Jahrhunderten führte die Erwärmung des Ozeans dazu, dass sich das Monsun-System vollständig veränderte.

Jede der zwischen 2425 und 1400 v. Chr. aufgetretenen Dürren dauerte mehr als fünfundachtzig Jahre, und mindestens eine Periode betraf die Region rund 164 Jahre lang.

Als die Wasserquellen versiegten, trockneten die Böden aus, die Landwirtschaft brach zusammen und die Bevölkerung begann eine langsame, aber kontinuierliche Wanderung in bewohnbarere Regionen. Die Harappa-Städte zerfielen allmählich, und die Zivilisation zerbrach schließlich ganz.

Bemerkenswerterweise war dieser Klimastress jedoch ein sehr langwieriger Prozess – und laut dem Geowissenschaftler Liviu Giosan ist es erstaunlich, dass die Zivilisation trotz wiederholter Krisen Jahrhunderte lang überleben konnte.

Könnte uns ein ähnliches Schicksal ereilen?

Die Geschichte der Indus-Tal-Zivilisation ist besonders lehrreich, weil die Menschheit heute einer ähnlichen Bedrohung ausgesetzt ist. Die Folgen des modernen Klimawandels haben bereits Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die Wasserressourcen und die menschlichen Siedlungen.

Dem Paläoklimatologen Sebastian Breitenbach zufolge dient die Vergangenheit als Warnung: Wenn wir nicht vorbereitet sind, können langfristige Umweltveränderungen selbst die fortschrittlichsten Gesellschaften in die Knie zwingen.

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