Ungarn nimmt Abstand von der Erhöhung des Mindestlohns um 13% und strebt eine bescheidenere Erhöhung an

Die versprochene Erhöhung des Mindestlohns um 13% scheint nun unwahrscheinlich zu sein. Wirtschaftsminister Márton Nagy sagte gegenüber RTL News, dass angesichts des derzeitigen Wirtschaftsklimas eine Erhöhung um 10% ab Januar 2026 realistischer wäre. Die Regierung ist der Ansicht, dass selbst dies als Erfolg zu werten ist. Sie verweist darauf, dass in den Nachbarländern die Löhne nur geringfügig gestiegen sind, so dass eine zweistellige Erhöhung eine bemerkenswerte Leistung darstellt.
Drei-Jahres-Abkommen hinter den Kulissen
Die Grundlage für die aktuellen Lohnverhandlungen ist ein im Jahr 2023 unterzeichnetes Dreijahresabkommen, das Mindestlohnerhöhungen von 9% im Jahr 2025, 13% im Jahr 2026 und 14% im Jahr 2027 vorsah. Die damaligen Projektionen basierten auf einem BIP-Wachstum von 3,4%, einer Inflation von 3,2% und einem durchschnittlichen Lohnanstieg von 8,7%. Aber die wirtschaftliche Landschaft hat sich seitdem dramatisch verändert. Laut Telex wird das BIP-Wachstum in diesem Jahr voraussichtlich nur 1% betragen, während die Inflation auf 4,7% steigen könnte.
Das Abkommen enthielt eine Klausel, die eine Neuverhandlung ermöglichte, falls sich die Bedingungen wesentlich ändern sollten – eine Klausel, auf die sich die Regierung nun beruft. Die Beamten begründen dies mit der Notwendigkeit, die Rentabilität und das Überleben der Unternehmen zu sichern. Exzessive Lohnerhöhungen ohne entsprechende Produktivitätssteigerungen, insbesondere in Sektoren, die mit zusätzlichen Steuern belastet sind, könnten die Gewinnspannen aushöhlen.

Gewerkschaften und Arbeitgeber sind zu Kompromissen bereit
Zlati Róbert, Präsident des Ungarischen Gewerkschaftsbundes, räumte ein, dass die Arbeitnehmer zwar eine möglichst hohe Lohnerhöhung begrüßen würden, die wirtschaftlichen Realitäten aber nicht ignoriert werden können. Das Ziel sei es, keine untragbaren Belastungen aufzuerlegen, die Unternehmen zur Schließung zwingen könnten. Um eine Einigung zu erleichtern, schlägt die Regierung außerdem vor, die vom Arbeitgeber zu zahlende Sozialabgabe von 13% auf 12% zu senken.
Politische und wirtschaftliche Prioritäten kollidieren
Die Frage der Lohnerhöhungen hat auch ein politisches Gewicht. Die Regierung will die Reallöhne im Vorfeld der Wahlen anheben. Experten warnen jedoch, dass das Lohnwachstum mit den langfristigen Möglichkeiten der Wirtschaft in Einklang stehen muss. Trotz einer deutlichen Konvergenz in den letzten zehn Jahren liegt Ungarn in der EU-Rangliste der Mindestlöhne nur knapp vor Bulgarien, wie aus den Statistiken von Eurostat hervorgeht.
Zentralbank mahnt zur Vorsicht
Einem Bericht von Népszava zufolge warnte der Präsident der Ungarischen Nationalbank, Mihály Varga, während der Konferenz der Economic Association am Donnerstag, dass die Verlangsamung der Inflation zum Stillstand gekommen ist und die Erwartungen der Öffentlichkeit weiterhin bei etwa 8% liegen. Dies erschwert die Bemühungen um eine Stabilisierung der Preise und könnte langfristig Investitionen und Wachstum dämpfen. Varga betonte, dass die hohe Inflation eines der schädlichsten wirtschaftlichen Probleme sei und forderte eine strenge Geldpolitik zu ihrer Bekämpfung.
Er wies auch darauf hin, dass die ungarische Wirtschaft in sieben der letzten zwölf Quartale geschrumpft ist – so stark wie seit der Rezession 2008 nicht mehr. Varga zufolge ist es ein Wunschdenken zu glauben, dass ein schwacher Forint oder künstlich hohe Lohnerhöhungen allein das Wachstum ankurbeln können.
Der Mindestlohn von 400.000 HUF liegt noch in weiter Ferne
Die Regierung hat sich seit langem das Ziel gesetzt, einen Mindestlohn von 400.000 HUF (1.018 EUR) und ein Durchschnittsgehalt von 1 Million HUF (2.546 HUF) zu erreichen. Obwohl die Löhne in den letzten Jahren im Allgemeinen stärker gestiegen sind als die Inflation, was zu einer Erhöhung der Realeinkommen geführt hat, rückt die aktuelle Situation die wirtschaftlichen Realitäten stärker in den Vordergrund und setzt frühere Versprechen außer Kraft. So wie es aussieht, können die Arbeitnehmer im Jahr 2026 immer noch mit einer zweistelligen Lohnerhöhung rechnen, aber sie wird wahrscheinlich nicht die versprochenen 13% erreichen, sondern sich eher bei 10% einpendeln.
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