Plaza Stop 2.0: Ungarns Einzelhandel steht vor einer Krise aufgrund geplanter neuer Vorschriften

Die ungarische Regierung bereitet sich darauf vor, den ungarischen Markt für Gewerbeimmobilien mit neuen Vorschriften radikal zu verändern. Der Vorschlag würde nicht nur neue Investitionen erschweren, sondern auch die Vermietung von bestehenden Einkaufszentren und Geschäften drastisch einschränken. Die Novelle hat unter den Wirtschaftsakteuren für große Aufregung gesorgt, während das Ministerium noch keine substanzielle Erklärung für den Zweck der Verschärfung geliefert hat.
Der neue Regelungsentwurf würde bedeuten, dass mittlere und große Gewerbeimmobilien nicht mehr ohne eine staatliche Lizenz verkauft oder vermietet werden dürfen. So wie es jetzt aussieht, würde selbst die Vermietung eines Gewerberaums, der größer als 400 Quadratmeter ist, eine so genannte ‘Nutzungsänderungsgenehmigung’ erfordern, und zwar nicht nur für neue Investitionen, sondern auch für bestehende Immobilien. Das ist an sich schon eine große administrative Hürde, aber der Entwurf geht noch weiter: Wenn ein Mieter aus dem Mietvertrag ausscheidet, müsste der neue Mieter erneut eine Genehmigung beantragen. Da die Mieter in Einkaufszentren häufig wechseln, würde diese Unsicherheit zu einem erheblichen Wertverlust der Immobilie führen.
Volle Kontrolle in den Händen der ungarischen Regierung?
Viele argumentieren, dass das Ziel der Verordnung nicht wirklich darin besteht, das Stadtbild oder die Handelsstruktur zu regulieren, sondern die staatliche Kontrolle über den gewerblichen Immobilienmarkt auszuweiten. Denn wenn alle Verkäufe und Vermietungen einer behördlichen Genehmigung bedürfen, werden nur die Unternehmen im Geschäft bleiben, die die Entscheidungsträger davon “überzeugen” können, dass ihr Geschäft “zweckmäßig” ist. Dieses System kann für diejenigen, die der Regierung nahe stehen, besonders vorteilhaft sein, während es für andere unmöglich ist, zu arbeiten. Einem Artikel der HVG zufolge ist es kein Zufall, dass auch die Begründung des Entwurfs äußerst vage ist: Das Ministerium hat erklärt, dass “in bestimmten Fällen eine Klarstellung erforderlich ist”.

Erste Reaktionen auf die vorgeschlagenen Änderungen
Experten zufolge könnte dies das Marktumfeld so unberechenbar machen, dass nur wenige Investoren bereit wären, neue Gewerbeimmobilien zu bauen. Das derzeitige regulatorische Umfeld stellt bereits erhebliche Hindernisse für Entwickler dar. Ungarn liegt bei der Entwicklung von Immobilien und der Eröffnung internationaler Marken hinter mitteleuropäischen Konkurrenten wie Polen und Rumänien zurück. Dies ist besonders schmerzlich zu einer Zeit, in der der ungarische Immobilienmarkt gerade beginnt, sich von der Talsohle des letzten Jahres zu erholen. Auch ausländische Investoren zeigen gerade erst wieder Interesse am Einzelhandelssektor.
Unter den einheimischen Einzelhändlern herrscht fast einhellig Verwirrung. Sie sehen keinen wirtschaftlichen, rechtlichen oder städtebaulichen Grund für die Verschärfung, vor allem wenn die Regierung sich selbst das Ziel gesetzt hat, Investitionen zu fördern. Die National Confederation of Commerce (NCC) sagt, dass die Verordnung ein großes Risiko nicht nur für neue Projekte, sondern auch für das Tagesgeschäft darstellt. So könnten beispielsweise auch Shop-in-Shop-Konzepte betroffen sein, bei denen mehrere Unternehmen separate Einzelhandelsflächen innerhalb eines größeren Geschäfts betreiben.
Da für die Aufteilung der Verkaufsfläche ebenfalls eine separate Lizenz erforderlich wäre, würde dies ähnliche Kooperationen praktisch unmöglich machen. Außerdem wären die Lizenzen nicht an die Immobilie, sondern an den jeweiligen Mieter gebunden. Das heißt, wenn dieselben Räumlichkeiten zum Beispiel für den Verkauf von technischen Waren statt von Schuhen genutzt würden, würde das Lizenzverfahren wiederholt werden.
Das ursprüngliche Ziel der Verordnung und ihre potenziellen Auswirkungen auf das Tagesgeschäft der Geschäfte
Obwohl das ursprüngliche Ziel des Einkaufsstopps die großen multinationalen Lebensmittelkonzerne waren, würden die neuen Regeln weit mehr als nur sie treffen. Auch inländische Firmen und kleinere Unternehmen könnten in eine schwierige Lage geraten. Nehmen wir zum Beispiel einen Ladenbesitzer auf dem Land, der sich entschließt, sein Geschäft an eine größere Kette zu verkaufen, was er in Zukunft nicht mehr tun könnte, wenn die neue Regelung in Kraft tritt. Dies ist besonders pervers zu einer Zeit, in der die Regierung in ihren Mitteilungen die Unterstützung für kleine ungarische Unternehmer betont. Der aktuelle Entwurf der Verordnung würde die Freiheit des Marktes hingegen einschränken.

Eine extreme Auslegung des Vorschlags könnte laut mehreren Handelsquellen sogar dazu führen, dass für das Umstellen von Regalen eine gesonderte Lizenz erforderlich ist, da dies die Struktur der Verkaufsfläche verändern würde. Das ist nicht nur absurd, sondern würde auch das Tagesgeschäft völlig unmöglich machen. Die Händler sind verständlicherweise besorgt: In einem solchen System können sie nicht einmal die grundlegendsten Geschäftsentscheidungen treffen. Die tägliche Bestandsplanung, die Optimierung des Angebots oder sogar die Aufnahme eines neuen Geschäftspartners kann zu einem langwierigen bürokratischen Prozess werden.
Bisherige Schlupflöcher und internationaler Vergleich
In den vergangenen Jahren gab es noch einige Schlupflöcher: Wenn zum Beispiel ein neues Geschäft in die Räume eines alten Geschäfts einzog, konnte es ohne eine spezielle staatliche Genehmigung betrieben werden. Die neue Verordnung würde auch diese Möglichkeit beseitigen. Außerdem soll es Regeln dafür geben, wie eine Verkaufsfläche abgetrennt werden kann, z.B. wenn ein Technikgeschäft in einem Teil eines Verbrauchermarktes eröffnet wird.

Auch internationale Vergleiche zeichnen ein schlechtes Bild. In den letzten zehn Jahren ist Ungarn weit hinter anderen Ländern der Region zurückgeblieben, und zwar nicht nur beim Volumen der Immobilieninvestitionen, sondern auch bei der Größe der neuen Gewerbegebiete. Die Tschechische Republik, Polen und Rumänien haben durchweg besser abgeschnitten.
Der aktuelle Verordnungsentwurf ist daher nicht nur eine technische Verschärfung, sondern ein Maßnahmenpaket, das die Funktionsweise des ungarischen Marktes für Gewerbeimmobilien grundlegend verändern würde. Die undurchsichtigen Genehmigungsverfahren, die Unvorhersehbarkeit und die potenzielle politische Einflussnahme könnten Investoren in einer Zeit, in der die ungarische Wirtschaft Investitionen benötigt, ernsthaft abschrecken.
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